Sisaala (Ghana)


Überblick
Sprache: Sisaala Tumulung (ISO-Code: sil)
Sprecher: ca. 100’000 in Ghana
Herausgabe: Neue Testament, im Mai 2014 geliefert (lesen oder hören!)
Partnermissionen: GILLBT, SIL und Wycliffe
Referenz: Ethnologue-Daten | Langscape-Karte


Das Sisaala Tumulung

Das Sisaala Tumulung ist eine der 58 Sprachen Ghanas, gesprochen von einigen 100’000 Personen in den Prärien des Distrikts Tumu im Norden des Landes, nicht weit von der Grenze mit Burkina Faso. In dieser Region mit tropischem Klima gibt es nur zwei Jahreszeiten: die Regenzeit, die von März bis September dauert, und die Trockenzeit von Oktober bis Februar, während der der Harmattan bläst und riesige Sandwolken aus der Sahara herbeiführt.

Die Mehrheit der Sisaala wohnt in kleinen Dörfern, wo sie vor allem von ihren Ernten von Mais, Erdnüssen, Yamswurzeln, Maniok und Baumwolle lebt.

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Auch wenn in Ghana die Schule theoretisch kostenlos und obligatorisch ist, endet die Schulzeit für die Kinder oft zwischen 8 und 12 Jahren, wenn die Schulkosten steigen und für die Familien nicht mehr tragbar sind. Folglich kann eine große Mehrheit Englisch nicht gut sprechen und lesen, auch wenn es die offizielle Sprache ist.

Seit zwei Generationen hat sich eine große Mehrheit der Sisaala vom Animismus ihrer Vorfahren entfernt und dem Islam zugewandt. Dabei bleiben allerdings ihre tiefen Glaubensinhalte im Kult ihrer Ahnen verankert, in der Furcht vor den Geistern, die je nach Stamm durch spezielle Rituale besänftigt werden müssen.

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Das Evangelium unter den Sisaala

Bis 1969 existierte kein Bibelteil in Sisaala Tumlung, und trotz der Arbeit mehrerer Missionare hatten sich sehr wenige Sisaala bekehrt. Damals begannen zwei Wycliff-Missionare, die aus der Schweiz gekommen waren, – darunter Margrit Haudenschild, die einige Jahre später Justin Frempong heiratete – die Sprache zu analysieren und schriftlich festzuhalten. Seither, dank der Einführung von Alphabetisierungsklassen und der Übersetzung des Markusevangeliums, haben sich mehrere Personen entschlossen, Christus nachzufolgen und sich taufen zu lassen.

Im Jahre 1984 wurde die Ankunft des Neuen Testamentes gefeiert. Es war damals nicht vorgesehen, mit dem AT weiterzumachen. Aber 2001, auf die inständige Bitte von Christen unter den Sisaala, hat sich eine Gruppe von 4 lokalen Übersetzern mit der treuen Unterstützung von Margrit und Justin ans Werk gemacht. Man musste bis 2014 warten, um endlich das Ergebnis dieses 45 Jahre andauernden Prozesses erleben zu dürfen!

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Ein Zeugnis

Dokta und Batong sind zwei Brüder der Sisaala, die in einer katholischen Familie in einem sehr muslimischen Dorf aufgewachsen sind. Sehr bald entschließt sich der ältere, Dokta, die Religion all seiner Freunde anzunehmen, um nicht abgelehnt zu werden. Batong ist noch sehr jung, als er die Möglichkeit erhält, in einem Alphabetisierungsprogramm Sisaala Tumulung lesen zu lernen. Schon bald liest er mit Begeisterung das Neue Testament, welches ihm ein Lehrer geschenkt hat.

Dokta musste die Schule sehr jung verlassen. Obwohl er jetzt erwachsen ist, kann er weder lesen noch schreiben. Er wird neugierig, wenn er seinen Bruder oft laut in diesem fremden Buch lesen hört. Aus Neugier bittet er ihn, ihm einige Seiten vorzulesen, und sehr bald ist er selber fasziniert von den aussergewöhnlichen Erzählungen über diesen Jesus. Er ist so sehr interessiert, dass er seinen Bruder bittet, ihm das Lesen beizubringen. Seine Fortschritte sind gewaltig, und sehr schnell liest er fließend.

Seine Freunde, die überrascht sind, ihn lesen zu hören, da er noch vor einigen Wochen ein Analphabet war, machen sich über ihn lustig. Er antwortet ihnen, dass er wenigstens versteht, was er liest, im Gegensatz zu ihnen, die Sätze des Korans auf Arabisch hören und nachsagen, die sie nicht einmal verstehen!

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Einige Zeit später vertraut Dokta seinem Bruder an, dass er ein Jünger Jesu werden möchte. Die beiden lassen dann einen ghanaischen Missionar namens Seth aus Tumu kommen, der ihnen das Evangelium erklärt und sie einlädt, ihre Sünden zu bekennen und ihre Leben Christus anzuvertrauen.

Heute treffen sich die beiden Brüder immer noch, um das NT zu lesen und miteinander zu beten. Sie bezeugen ihren Glauben ohne Furcht in den umliegenden Dörfern und ermutigen die Gemeinden.


Bericht über die Zueignungsfeier der Bibel in Sisaala Tumulung

Es war am 28. Juni dieses Jahres, als ich das Vorrecht hatte, mit dem Volk der Sisaala diesen einzigartigen Moment in ihrer Geschichte zu teilen. Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, dass die Freude, die Dankbarkeit und der Stolz in dieser Zeremonie greifbar waren. Wie in vielen afrikanischen Kulturen, ist ein solches Fest eine Mischung aus einer schönen Dosis Protokoll (fast 10 Ansprachen), einem bisschen Folklore und vor allem einer großen Hoffnung, zu sehen, wie Gott Leben verändert und dadurch eine Erneuerung in der Gesellschaft schenkt.

Das Fest findet in Tumu, dem Hauptort des Distrikts Sisaala, statt. Durch Gottes Gnade macht auch die Sonne mit, und die feuchte Hitze ist erträglich, gemildert durch das Gewitter vom Vortag. Rund um den Platz sind unter kleinen Festzelten 400 Stühle aufgestellt worden. Die Zeremonie ist auf 10 Uhr festgelegt, aber erst um 11.30, nachdem noch einige Stühle herbeigebracht werden und die Vollzahl der Besucher erreicht ist, kann das Programm beginnen.

Die Reden, teils vom Englischen ins Sisaala übersetzt, teils von Sisaala ins Englische übersetzt, folgen innerhalb von fast 3 Stunden aufeinander, unterbrochen von einigen Chorälen der Kirchen und Tänzen der Stämme. Unter den Botschaften, die ich trotz des Akzentes und der dürftigen Lautsprecheranlage verstehen konnte, finden sich mehrere Ermahnungen an die Christen der Sisaala, sich von Gottes Wort zu nähren, das ihnen nun ganz zur Verfügung steht, in der Sprache, die sie lieben und am besten verstehen.

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Man muss das Ende der Ansprachen abwarten, bis die Bibel endlich buchstäblich „entschleiert“ wird. Der Pfarrer der Stadt ergreift dann ein verziertes Exemplar, schwingt es in die Luft, bevor er eine Runde um den Platz dreht, begleitet von einer Gruppe von Kindern, die singen und Blumenblätter werfen.

Anschließend sind alle Pastoren unter den Anwesenden eingeladen, sich um die Bibel zu versammeln, um den Namen des Herrn anzurufen. In ihren Gebeten bitten sie Ihn, die Saat wachsen zu lassen, die durch Sein geschriebenes Wort ausgesät werden kann.

Auch wenn die Bibel jetzt in geschriebener Form vorliegt, bleiben noch immense Herausforderungen hinsichtlich der Alphabetisierung und dem Gebrauch der Bibel. Glücklicherweise sind die Sisaala gut gerüstet dafür. Sie haben das Vorrecht, über eine Audioversion des NT und über den Jesusfilm zu verfügen, aber auch über ein Programm zur Alphabetisierung, gänzlich selbst finanziert, also dauerhaft.

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Die Sisaala sind jetzt stolz auf ihre Sprache, und sie hoffen, dass sie eines Tages an der Universität gelehrt werden wird (aktuell sind nur 11 „große“ Sprachen von der Regierung zugelassen). Während der Feier werden, um ein Beispiel zu nennen, 2 Kinder auf die Bühne gebeten, um das erste Kapitel des Buches Josua zu lesen. Auch wenn ich nichts verstehe (nicht einmal den Namen Josua!), höre ich, dass der Abschnitt flüssig vorgelesen wird und ich sehe auf den Gesichtern der Zuhörer, dass das Gelesene verstanden wird.

Vor dem Ende des Festes werden die Bibeln zu einem annehmbaren Preis, der etwa dem Lohn eines Bauern für zwei Tage Arbeit entspricht, verkauft. Nun sieht man Kinder, junge, aber auch „ältere“ Leute, die stolz mit ihrer ersten Bibel in Sisaala Tumulung weggehen.

Dieses Ereignis, total unbedeutend in den Augen der Welt und der Medien, ist Grund großer Freude im Reich Gottes. Wie es Paul Opoku Mensah, der Direktor  von GILLBT (Wycliff Ghana) auf den Punkt bringt, kann das Volk der Sisaala dankbar und stolz sein: „Unter den 7’000 Sprachen im Gebrauch auf der Welt gehört ihr jetzt zu den 500 ersten, die die ganze Bibel übersetzt haben.“

Wie es ein Übersetzer aus Zentralamerika sagte: „An die Bibel in seiner Muttersprache heranzugehen, das ist wie tauchen mit einer Brille, anstatt nur von der Wasseroberfläche zu schauen!“

— Luc Jouve

Text im Dezember 2014 geschrieben